Angst vor dem Immobilienkauf

Hat die niedrige Eigentumsquote auch emotionale Gründe?

Die sogenannte „German Angst“ wird den Menschen hierzulande gerne vorgeworfen. Mit Abenteuern hat es der Deutsche nicht so, bei weitreichenden Entscheidungen überlässt er lieber anderen den Vortritt – so ist die Sicht von außen und so schätzt sich manch Bundesbürger gerne selbst ein. Eine weitreichende Entscheidung im privaten Bereich ist auf jeden Fall der Erwerb einer Immobilie. Korrelierend zur These der Angst verhält sich die niedrige Eigentümerquote hierzulande – mit gerade mal 41,2 Prozent ist man europäisches Schlusslicht. Dabei wird Eigentumserwerb sogar staatlich gefördert, soll er doch unter anderem gegen Altersarmut schützen. Ist es also eben diese German Angst, die viele vor der Größe des Projekts zurückschrecken lässt?

„Mentalität spielt eine Rolle“

Samina Julevic ist CEO des Maklernetzwerkes Remax Germany. Bei der Präsentation des Wohnimmobilien-Trendreports, der auch die niedrige Eigentumsquote hierzulande thematisiert, sprach sie vergangene Woche zwar nicht von Angst. Dennoch, die Mentalität hierzulande spiele durchaus eine Rolle. Die Hürden zum Kauf einer Immobilie würden von vielen Menschen in Deutschland als sehr hoch empfunden, während in anderen Teilen Europas bereits in jungen Jahren „ständig gekauft und wieder verkauft wird“. Die Meinung vieler Experten, dass die hohen Baukosten hierzulande eine entscheidende Rolle für die niedrige Erwerbsquote spielen, will Julevic nicht gelten lassen. „In der Türkei haben wir aktuell eine Inflation von über 60 Prozent. Trotzdem liegt dort die Eigentumsquote bei 75,6 Prozent.“ Eine Aussage, die zwar richtig ist, aber längst nicht alle Faktoren berücksichtigt. „In der Türkei kostet ein Eigenheim im Zweifel auch nur einen Bruchteil als bei uns“, erklärt Marktforscher Stephan Kippes vom Immobilienverband Deutschland (IVD) Süd. Insgesamt sei in Südeuropa der Hausbau meist günstiger, da aufgrund des warmen Klimas deutlich weniger in die energetische Ausstattung des Gebäudes investiert werden müsse. Die Rangliste des Immobilien-Trendreports stützt dabei Kippes‘ These: Diese führt Griechenland mit einer Eigentumsquote von 84,1 Prozent an, dicht gefolgt von Italien (83,4 Prozent). Weitere Erklärungsversuche für die niedrige Quote liefert der Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland. So genießen dem Verband zufolge Mieter hierzulande einen hohen rechtlichen Schutz. Zudem galt – bisher jedenfalls – die gesetzliche Rente als sicher, weshalb eine weitere Absicherung gegen Altersarmut als nicht zwingend notwendig betrachtet wird. Dennoch: Beide Erklärungen könnte man auch als gut begründete Ausreden sehen, sich dem Großprojekt eigene Immobilie nicht stellen zu müssen. Wahrscheinlich liegt - wie so oft - die Wahrheit dazwischen. Oder, wie es Kippes formuliert: „Die Angst mag es geben – aber sie entsteht durch die hohe finanzielle Belastung.“ Christoph Kastenbauer